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Magazin der Schüßler-Plan Gruppe

Ausgabe 14 | 2020 Ingenieure und Auftraggeber im Dialog

Hochbau

Tragwerksplanung in 3D

Creative Blocks, HafenCity Hamburg

Das Projekt „Creative Blocks“ in der Hamburger HafenCity ist ein Gebäudeensemble mit einer konzentrierten Mischung von Wohn- und Arbeitsformen. Das Projekt wurde von der Garbe Immobilien-Projekte GmbH zusammen mit der Baugemeinschaft „HalbInsulaner“ entwickelt. Drei Architekturbüros entwarfen die drei sehr verschiedenen Gebäudekomplexe, die mit ihrer Formensprache die verschiedenen Nutzungen betonen. Schüßler-Plan verantwortet bei dem Projekt die Tragwerksplanung, die Bauphysik des Gesamtprojekts und die Objektplanung der Baugrube in allen Leistungsphasen.

Projektdaten

Auftraggeber

Garbe Immobilien-Projekte GmbH


Architektur

KSP Jürgen Engel Architekten
WERK Arkitekter
kister scheithauer gross architekten und stadtplaner


Technische Daten

BGF oberirdisch: ca. 26.900 m²
BGF unterirdisch: ca. 6.650 m²
BGF gesamt: ca. 33.540 m²
Wohnungen: ca. 178
Stellplätze: ca. 130


Leistungen Schüßler-Plan

Objektplanung Ingenieurbau-werke Lph 1 – 4, 6, 7
Tragwerksplanung Lph 1 – 6
Besondere Leistungen:
3D-Modellerstellung
(Neubau und Bauzustände),
2D-Planabgleich, Modellbasierte Planungskoordination, Modellbasierte Mengen- und Kostenkalkulation, Wärmeschutznachweis, Schallschutznachweis, Baugrube
Rohbauausschreibung Lph 6 + 7

Ingenieurlösungen für das Wohnen und Arbeiten von morgen

Creative Blocks in der HafenCity Hamburg besteht aus drei Komplexen mit ca. 178 Wohnungen auf einer gemeinsamen Tiefgarage. Das „Manufakturwerk“ auf der Ostseite des Baufelds ist eine ebenerdige Halle – zum Teil mit Zwischengeschoss – mit einem gleichmäßigen Stützenraster und Flächen für Handwerk und Veranstaltungen. Darüber werden Wohnungen gebaut. Auf dem westlichen Teil des Baufelds wird mit dem Konzept des „Co-Living“ Wohnraum geschaffen, der Wohnen und nachbarschaftliche Gemeinschaft auf vielfältige Weise erlebbar macht.

Dazwischen baut die Baugemeinschaft „HalbInsulaner“ ein Wohnprojekt, bei dem Wohnen und Arbeiten eng miteinander verwoben sind. Ein dreistöckiges „KreaTiefgeschoss“ dient als Gemeinschaftsfläche an der Promenade zum Baakenhafen. Die sehr unterschiedlichen Gebäude nach den Entwürfen der drei Architekturbüros KSP Jürgen Engel Architekten, WERK Arkitekter aus Kopenhagen und Kister Scheithauer Gross Architekten werden höchste Nachhaltigkeitsansprüche erfüllen und der Zertifizierung nach dem Umweltzeichen HafenCity in Platin bzw. Gold entsprechen.

Innovative Quartiersentwicklung

Mit dem „Manufakturwerk“ im Gebäudeteil 82b entsteht ein in Hamburg einzigartiges Nutzungskonzept. In den oberen sechs Stockwerken wird es frei finanzierte und geförderte Wohnungen geben, während das Erdgeschoss einer großen Markthalle ähnelt. Vom Warftgeschoss über das Erdgeschoss bis zum Zwischengeschoss erstrecken sich auf 2.230 m² neben einem attraktiven Gastronomieangebot auch Flächen für traditionelles Handwerk. Hier werden sich mehrere kleine Manufakturen ansiedeln und ihre Produkte im Rahmen von Veranstaltungen sowie Sonderausstellungen präsentieren und verkaufen.
Im Zentrum des Baufelds baut die Baugemeinschaft „HalbInsulaner“ einen bunt gemischten Block aus vielfältigen Wohnangeboten mit kreativen Arbeitsstätten und hochwertigen Angeboten. Das „KreaTiefgeschoss“ schafft Raum für die gesamte Nachbarschaft. Auf über drei Geschossen steht hier den Bewohnern des Quartiers eine rund 300 m² große Gemeinschaftsfläche zur Verfügung, auf der unter anderem Flohmärkte, Kinoabende, Sportkurse oder Kochevents organisiert werden sollen.
Im Gebäudeteil 82a1 sticht vor allem die Idee des Co-Living heraus. Besondere Angebote auf den Wohnetagen und im Erdgeschoss, wie ein Raum für gemeinschaftliche Nutzungen, eine Bibliothek und ein großer Raum für Familienfeiern oder andere Anlässe laden die Bewohner zum Kennenlernen und Zusammenleben ein.

Herausforderungen für Tragwerk und Gründung

Die verschiedenen Nutzungseinheiten und die hohe Flexibilität spiegeln sich auch in der Tragstruktur wider. Die Gebäude sind einschließlich Untergeschoss als Stahlbetonskelettkonstruktion mit aussteifenden Treppenhäusern und aussteifenden Aufzugsschächten geplant. Beim westlichen Gebäude mussten aufgrund der abweichenden Nutzungsanforderungen im Erdgeschoss und Untergeschoss Wände aufgelöst werden. Dies erfolgte im Übergang zum 1. Untergeschoss mit „wandartigen Trägern“. In den Übergangsbereichen vom Erd- zum Zwischengeschoss mussten durch den Wechsel der Tragkonstruktion die Lasteinleitungsbereiche in Hochfestem Beton C 80/95 ausgebildet werden.
Beim östlichen Gebäude wurde durch die unterschiedliche Tragstruktur von Wohnbereich und Manufakturwerk eine Balkenkonstruktion erforderlich, um die Lasten aus den darüber liegenden Wandscheiben in das Stützensystem der Halle einzuleiten. Die Fassade wurde als mittragende Lochfassade ausgeführt, um die auskragenden Gebäudeteile ausbilden zu können.

Alle von Schüßler-Plan erstellten Pläne wurden in einem durchgängigen, räumlichen 3D-Modell dargestellt, um Tragwerk, Details und Planung zu optimieren. Das Untergeschoss wurde als weiße Wanne nach der WU Richtlinie des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton ausgebildet. Zusätzlich zu den gewöhnlichen Lastfällen musste der Hochwasserlastfall mit einem Bemessungswasserstand von + 8,50 m NN sowie Sunklastfälle berücksichtigt werden. Weiterhin wurde die Richtlinie „Berechnungsansätze für Hochwasserschutzwände, Flutschutzanlagen und Uferbauwerke im Bereich der Tideelbe der Freien Hansestadt Hamburg“ und der „Leitfaden Sollhöhen und Lastannahmen für den Stadtteil HafenCity“ in der statischen Berechnung beachtet.

Bei den Erkundungen der Untergrundverhältnisse wurden auf den ersten 3 m sandige Auffüllungen mit Weichschichten (Klei) festgestellt. Anschließend folgen locker gelagerte Sand- und aufgefüllte Weichschichten in Wechsellagen. Erst nach 8 m wurden tragfähige Sande mit dichter Lagerung vorgefunden. Da die Unterkante des Bauwerks überwiegend in einer Auffüllung lag, erfolgte der Lastabtrag in die tiefer liegenden, tragfähigen Sande in Form einer Pfahlgründung. Die Pfähle wurden im Teilverdrängungsverfahren mit einem Durchmesser von 60 cm und einer Länge von 18 m bis zu 25 m gebaut. Die Vertikallasten wurden über Spitzendruck und Mantelreibung in den Baugrund abgeleitet. Kurzzeitig wirkende H-Lasten auf die Gebäude infolge Wind und infolge Sunklastfällen (einseitiger Wasserdruck infolge abfließenden Hochwassers) wurden bereichsweise über Bettung und Biegung der Bohrpfähle abgetragen.

Autor: Dipl.-Ing. Markus Krah
Visualisierungen: Titelbild, Garbe Immobilien-Projekte/Planungsgemeinschaft HalbInsulaner; "Co-Living": Garbe Immobilien-Projekte; "KreaTiefgeschoss": Planungsgemeinschaft HalbInsulaner/WERK Arkitekter