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Magazin der Schüßler-Plan Gruppe

Ausgabe 14 | 2020 Ingenieure und Auftraggeber im Dialog

Infrastruktur

Interaktion und Flexibilität im Planungsprozess

Flughafen Frankfurt

Mit einem Investitionsvolumen von rund 4 Milliarden Euro gehört der Ausbau Süd des Flughafen Frankfurt mit dem Terminal 3 zu den größten privatfinanzierten Infrastrukturprojekten, die derzeit in Europa realisiert werden. Da sämtliche Teilprojekte innerhalb des Gesamtprojekts weitgehend parallel umgesetzt werden, erfolgt die Planung und Realisierung zusammen mit den jeweiligen Projektteams an den Schnittstellen von Hochbau, Tief- und Ingenieurbau sowie den Erschließungsmaßnahmen. Dies erfordert eine detaillierte Schnittstellenplanung und ein hohes Maß an Interaktion und Flexibilität sowie Kompromissbereitschaft im Abstimmungs- und Planungsprozess. Schüßler-Plan ist in verschiedenen Ingenieurgemeinschaften mit der Tragwerksplanung, der Planung und Koordination von Ingenieur- und Infrastrukturbauwerken sowie der Projektsteuerung für sämtliche umgebende Baumaßnahmen des Terminal 3 beauftragt.

An dem neuen Terminal 3 sollen jährlich bis zu 25 Millionen Passagiere abgefertigt werden. Erste Planungen und Gespräche über eine Flughafenerweiterung gehen bis in die 1990er-Jahre zurück. Auf Grundlage der Planfeststellung wurde 2014 die Baugenehmigung erteilt. Im Oktober 2015 begann der Bau mit dem feierlichen Spatenstich. Der erste Bauabschnitt von Terminal 3 soll spätestens im Sommer 2025 fertig werden.

Das Bauvorhaben umfasst in den ersten beiden von drei Bauabschnitten neben dem Terminalhauptgebäude und einer weiteren Abfertigungshalle drei Flugsteige, die Gepäckförderanlage, ein Parkhaus mit einem Fassungsvermögen von ca. 8.500 Fahrzeugen und 38 weitere Gebäudepositionen sowie zahlreiche Infrastrukturmaßnahmen. Das Terminal muss nicht nur an das Straßennetz angebunden, sondern auch in die Infrastruktur des Frankfurter Flughafens integriert werden: insbesondere mit dem neuen Passagier-Transport-System (PTS). Im Jahr 2017 wurde im laufenden Planungsprozess für sämtliche Maßnahmen des Terminalhauptgebäudes mit den Flugsteigen H und J, dem sogenannten 1. Bauabschnitt, beschlossen, den Flugsteig G mit eigener Abfertigungshalle gleichzeitig umzusetzen und damit die Genehmigungen und Planungen für den 2. Bauabschnitt parallel anzugehen. Dieser soll zudem bereits 2022 und damit etwa drei Jahre vor der geplanten Fertigstellung des Terminalhauptgebäudes in Betrieb gehen.

Schüßler-Plan ist als federführendes Mitglied einer Ingenieurgemeinschaft beauftragt, die Vorfahrtsbrücke, die Trog- und Tunnelbauwerke als Zufahrt für den unterirdisch gelegenen Anlieferhof, die umliegenden Verkehrsflächen auf der Land- und Luftseite sowie sämtliche Ver- und Entsorgungsanlagen zu planen und zu koordinieren. Zudem werden Koordinierungsleistungen im Spannungsfeld der Hochbauprojekte mit dem angrenzenden Bestand und zu Planungen Dritter erbracht. Dies führt zu einer Vielzahl von Schnittstellen in der Planung und in der baulichen Umsetzung des Gesamtprojektes, das in rund 200 Einzelvergaben realisiert wird. Darüber hinaus ist Schüßler-Plan in einer weiteren Ingenieurgemeinschaft mit der Tragwerksplanung für das zentrale Terminalhauptgebäude sowie die PTS-Station beauftragt.

Terminal 3: Hauptgebäude, PTS-Station und Verbindungsbrücke

Das sechsgeschossige Terminalhauptgebäude für den luftseitigen Terminalbereich („Airside“) mit Abmessungen von ca. 230 x 105 m ist flach gegründet. Die beiden erdberührten Untergeschosse mit Druckwasser werden als weiße Wanne inkl. Hybridabdichtung mittels Frischbetonverbundklebefolie ausgebildet. Das Regel-Stützenraster von 14,3 x 14,3 m wird durch eine Stahlbeton- bzw. durch eine schlanke Verbundbaukonstruktion in Skelettbauweise überbrückt. Über dem Marktplatzbereich ist die weit gespannte Dachkonstruktion (28,6 m) der Verbundträger ohne Brandschutzbekleidung für die Feuerwiderstandsdauer F 90 heiß bemessen.
Die PTS-Station „Haltestelle Terminal 3“ ist in Stahlbetonbauweise mit Abmessungen von ca. 28,5 x 144 m als aufgeständerte, dreigeschossige Konstruktion vorgesehen. Das langgestreckte Bauwerk ist fugenlos und tief gegründet mittels Stahlbeton-Großbohrpfählen. Die angrenzenden fünf Verbindungsbrücken zwischen der PTS-Station und dem Terminalhauptgebäude bzw. dem Parkhaus sind als Stahl-Fachwerkträger ausgebildet und haben Spannweiten von bis zu 41 m.

Für die Anbindung des Check-in-Bereichs ist ein Brückenbauwerk mit einer Gesamtlänge von 600 m und einer Breite von rund 25 m geplant. Da die Brücke zusammen mit dem Terminalhauptgebäude und der PTS-Station ein gestalterisches Ensemble darstellt, wurde diese im Rahmen eines intensiven Abstimmungsprozesses gemeinsam mit den ArchitektInnen und der Auftraggeberin entwickelt.

Die Konstruktion der Brücke besteht aus einem monolithischen Rahmentragwerk in integraler Bauweise, aufgeteilt in ein Quer- und Längsträgergerippe, die Fahrbahnplatte sowie V-förmige Stützen. Dabei weisen sämtliche tragenden Bauteile in Folge der architektonischen Gestaltung komplexe Geometrien auf, die vor dem Hintergrund der Bewehrungsführung eine nicht alltägliche Planungsaufgabe darstellen. Die insgesamt 76 Einzelstützen werden über Großbohrpfähle tiefgegründet. Unterhalb des sogenannten Vorfahrtstisches von rund 15.000 m² liegt die Ankunftsebene. Hierbei wird der abfließende Verkehr organisiert. Zusammen mit der Abflugebene 3 stellt die Brücke die zentrale Verbindung zwischen dem Terminalhauptgebäude, der PTS-Station und dem Pier G dar.

Stand der Planung und der baulichen Maßnahmen

Derzeit laufen die Arbeiten für die bauliche Umsetzung des Gesamtprojekts auf Hochtouren. Hierzu zählen sämtliche Hochbaumaßnahmen Pier H, Pier J, Pier G, Terminalhauptgebäude, Parkhaus, Gepäckförderanlage und die PTS-Station. Neben den Hochbaumaßnahmen werden auch die Arbeiten an der Vorfahrtsbrücke, die Kanalbauarbeiten und die Arbeiten für die Versorgungstrassen an der Schnittstelle zum Hochbau mit hoher Priorität vorangetrieben. Die Gründungsarbeiten sind bereits abgeschlossen. In Vorbereitung der Erstellung der aufgehenden Bauteile wurde zur architektonischen Beurteilung eine der V-Stützen als Probestütze hergestellt. Die ersten V-Stützen sind bereits baulich umgesetzt, derzeit erfolgt die Vorbereitung des Schalwageneinsatzes. Etwa 50 Prozent der Ver- und Entsorgungsleitungen sind baulich umgesetzt. Die komplexen Einzelbaugruben sowie die für die Entwässerung notwendigen Hebebauwerke mit Pumpenleistungen von bis zu 600 l/s sind in Vorbereitung. Auch die Flachgründung des Terminalhauptgebäudes (EU2 - EU3) mit Bauteildicken von bis zu 2,70 m ist bereichsweise hergestellt. Bei der PTS-Station sind die 165 Großbohrpfähle der Tiefgründung bereits in Gänze hergestellt. In anderen Bauwerksbereichen befindet sich die kaskadenartige Bauausführung bereits in der Ebene EU1 (1. Untergeschoss).

Autoren: Dipl.-Ing. Thorsten Meyer, Dipl.-Ing. Hartmut Heller

Neues Passagier-Transport-System (PTS)

Für das neue PTS im Flughafen Frankfurt sollen die Züge mit der Inbetriebnahme des neuen Terminalhauptgebäudes Reisende und Mitarbeiter am Flughafen mit maximal 80 km/h in 8 Minuten vom Norden zum Terminal 3 transportieren. Die Kapazität beträgt zunächst maximal 4.000 Reisende pro Stunde und Richtung. Für die knapp 5,6 km lange Strecke wird ein zweigleisiges Trassen-System errichtet – teilweise ebenerdig, teilweise als Hochbahn auf Stützen. Mit den ersten Arbeiten für die Stützen und Rahmen des aufgeständerten Fahrwegs im Norden wurde im September 2019 begonnen. Insgesamt werden bis Mitte 2021 für die neue PTS-Trasse und die Zufahrtsspuren zum neuen PTS-Werkstattgebäude 47 Einzelstützen sowie 17 Rahmen errichtet. Im Anschluss heben zwei große Mobilkräne die Fahrwegträger stückweise auf die bis zu 13 m hohen Stützen.

Mit dem Bau des siebengeschossigen Werkstattgebäudes wurde im Februar 2020 begonnen. Die Werkstatthalle wird ebenfalls auf Stützen errichtet, damit sie gleichauf mit der PTS-Trasse liegt. In luftiger Höhe von 16 m stehen zukünftig 2.500 m² für Wartung und Instandhaltung zur Verfügung. Wegweisend beim Thema regenerative Energien: Die Fläche des Gründachs wird auch für eine große Photovoltaikanlage genutzt, die rund 100.000 kW/h Strom pro Jahr sprichwörtlich grün produzieren wird.

In den weiteren PTS-Bauprojekten – Neubau Stationen F und T3, Umbau Station T2, Neubau der Fahrwege Mitte (ebenerdig parallel zur BAB 5) und Süd (aufgeständert vor dem Terminal 3) sowie dem Neubau von drei Trafostationen mit der zugehörigen Mittelspannungstechnik – soll der Baubeginn noch in 2020 stattfinden. Parallel zur Fertigstellung der Gebäude und den Fahrwegabschnitten wird im Vorfeld des Marktstarts vom Terminal 3 mit der Inbetriebnahme der PTS-Systemtechnik und der Fahrzeuge begonnen.
Die Projektsteuerungsleistung von Schüßler-Plan umfasst in diesem umfangreichen Projekt nicht nur die Planungs- und Bauleistungen, sondern auch die Steuerung der Leistung des Systemanbieters, der neben der Planung und Realisierung der Fahrzeug- und Betriebstechnik auch mit dem späteren Betrieb beauftragt wurde.

Autor: Dipl.-Ing. Oliver Buddenbrock

Neue Feuer- und Rettungswache 1

Der Komplex der neuen Feuer- und Rettungswache 1 besteht aus drei Gebäudeteilen: einem dreiecksförmigen Hauptgebäude mit einer Grundfläche von 7.000 m², der 110 m langen Kalthalle und dem Zugangsgebäude zum Vorfeldbereich. Die neue Feuer- und Rettungswache 1 beinhaltet diverse Einrichtungen, darunter Kantine, Büroflächen, Besprechungsräume, Feuerwehr- und Kfz-Werkstatt, Technikzentralen und Sicherheitsleitstelle sowie für insgesamt 46 Feuerwehrfahrzeuge und vier Rettungswagen allseitig geschlossene Abstellflächen. In dem ebenfalls integrierten Trainingszentrum stehen auch externen Feuerwehren moderne Ausbildungsmöglichkeiten zur Verfügung. Die gesamte Gebäudefläche der Feuer- und Rettungs-wache 1 beträgt 21.000 m²; dies entspricht etwa drei Fußballfeldern. Nach der für 2020 geplanten Fertigstellung wird der neue Standort zwei bestehende Feuerwachen auf dem Flughafengelände ersetzen und so die Anzahl auf drei Feuerwachen reduzieren.

Die Aufgabe der Projektsteuerung für dieses Großprojekt bestand in der projektspezifischen Koordination der Planer, Nutzer und aller weiteren Beteiligten sowie der Steuerung der Schnittstellen, dem Kostencontrolling und der Terminsicherung für den Bauherrn. Um das Projekt zum Erfolg zu führen, arbeitete Schüßler-Plan partnerschaftlich mit der Projektleitung der Fraport als Bauherrenvertretung lösungs- und kundenorientiert zusammen. Nach dem Ausfall eines Planungsbüros wurden als Herausforderung parallel zum Vergabeprozess der Bauleistungen strategische Kompensationsmaßnahmen mit dem Bauherrn entwickelt, um trotz des gestörten Bauablaufs die Terminvorgaben einzuhalten. Das Ziel, das Trainingscenter vorab und schon im laufenden Bauprozess in Betrieb zu nehmen, war eine weitere ambitionierte Aufgabe, die bevorzugt behandelt und stets in dem gesamtheitlichen Ablaufkonzept berücksichtigt werden musste. Aus diesen Randbedingungen resultierte eine gesteigerte Komplexität, aber auch eine interessante Herausforderung für jeden Beteiligten im Projekt. Eine strategische und priorisierende Arbeitsweise gemeinsam mit allen Beteiligten der Fraport, den Planern und den ausführenden Firmen war dabei zur Sicherstellung der rechtzeitigen Fertigstellung unerlässlich.

Autorin: Isabelle von Kiel, M.Sc. Arch.
Foto: Titelbild, Heinrich Völkel; Visualisierungen: Fraport AG