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Magazin der Schüßler-Plan Gruppe

Ausgabe 14 | 2020 Ingenieure und Auftraggeber im Dialog

Im Dialog

Nachhaltige Projektentwicklung

Marno Matthäs, bema Gruppe, und Christina Zimmermann, Schüßler-Plan

Seit mehr als einem Jahrzehnt arbeiten die bema Gruppe als inhabergeführte Projekt- und Stadtentwicklungsgesellschaft und Schüßler-Plan als inhabergeführte Ingenieurgesellschaft intensiv und erfolgreich zusammen. Ein ähnliches Werteverständnis sowie eine vertrauensvolle Zusammenarbeit machen diese Partnerschaft aus.
Christina Zimmermann, geschäftsführende Gesellschafterin von Schüßler-Plan, und Marno Matthäs, Managing Partner der bema Gruppe Düsseldorf, sprechen im Ingenieurdialog über die aktuellen Herausforderungen in der Projektentwicklung.

Herr Matthäs, Sie leiten die bema Gruppe in dritter Familiengeneration, Ihr Unternehmen ist seit 40 Jahren am Markt etabliert. Wie haben sich die Aufgaben und Marktbedingungen für Projektentwickler in den vergangenen Jahren verändert?

MARNO MATTHÄS – Vor 15 Jahren gab es viele freie Grundstücke auf dem Markt, allerdings wenig Kapital und eine restriktivere Finanzierungsbereitschaft für Projekte. Im Baurecht waren die Genehmigungsfristen kurz, auch bei Abweichungsanträgen oder bei beantragten Befreiungen von Bebauungsplänen. Es war eine Zeit mit vielen Möglichkeiten für Menschen, die Projektentwicklungen vorantreiben wollten und über die entsprechenden Ressourcen verfügten. Heute dagegen gibt es viel Kapital am Markt, aber nahezu keine unbebauten Grundstücke mehr. Die Genehmigungszeiten haben sich stark verändert. Wir benötigen teilweise zwei bis drei Jahre, um Grundstücke mit bauplanungsrechtlichen Konzepten versehen zu können. Der Aspekt, dass es wenige freie Grundstücke gibt, führt dazu, dass wir uns aktuell auch zwingend mit Bestandsimmobilien beschäftigen.

Heute sehe ich die größte Herausforderung darin, lange Bauzeiten, kompliziertes Baurecht und flexible Nutzerkonzepte mit den Anforderungen nach zeitnaher Verfügung, einhergehend mit nachhaltigen Wohn- und Arbeitswelten ressourcenschonend in Einklang zu bringen. In der ganzheitlichen Unternehmenskultur der bema Gruppe bilden wir dies mit den Gesellschaften bema Property und der bema Development ab. Hier haben wir mit Ralph Schneemann als Geschäftsführer der bema Property einen sehr erfahrenen Experten in der Quartiersentwicklung an Bord. Zukünftig wird es vor allem darum gehen, diese zuvor genannten Herausforderungen in modernen, urbanen Quartiersentwicklungen so umzusetzen, dass zukunftsweisende Stadtgestaltung erlebbar wird.

Das Markenversprechen der bema lautet „building visions“. An welchen Kriterien machen Sie die „gebauten Visionen“ fest und was zeichnet bema-Projekte aus?

MARNO MATTHÄS – Grundsätzlich ist die Projektentwicklung „eine Aneinanderreihung von Enttäuschungen verbunden mit der Aufgabe, die Hoffnung nicht zu verlieren“, wie ein guter Bekannter und Geschäftspartner von mir gerne sagt. Vision wird erst dann zur Realität, wenn sie für Menschen fühl- und erlebbar wird. Und eine Idee hinter bema „building visions“ ist die Frage der Haltung: nämlich unser Anspruch, Gebäude, Stadtquartiere und Nutzungen (immer) so zu konzipieren, dass man selbst darin arbeiten und wohnen möchte. Eine lebenswerte Umwelt für die Zukunft zu bauen, verstehen wir als Prozess, der alle lebensrelevanten Faktoren miteinander in Einklang bringt und damit unsere Vision langfristig Realität werden lässt. Wir lassen uns hierbei immer wieder durch neue Impulse inspirieren und lernen natürlich auch von Partnern, die Experten auf ihren Gebieten sind. Zu einem solchen Prozess gehören Vertrauen, das Zulassen anderer Meinungen und die Öffnung für neue Wege. Einige Partner, mit denen wir diese Kommunikation auf Augenhöhe pflegen und die diese Meinung teilen, sind Architektur- und Ingenieurbüros, mit denen wir inzwischen eine wiederkehrende freundschaftliche Zusammenarbeit pflegen.

Bei welchen Projekten arbeiten Sie mit Schüßler-Plan als Partner zusammen und was erwarten Sie von Ihren Partnern?

MARNO MATTHÄS – Mit Schüßler-Plan arbeiten wir bei nahezu all unseren Projekten zusammen. Nicht immer mit gleicher Aufgabenstellung, aber immer ganzheitlich: Von der ersten Idee bis zur schlüsselfertigen Abnahme und Übergabe an den Kunden bzw. an den Investor. Uns sind Know-how und Leistungsfähigkeit wichtig, insbesondere dann, wenn sich in den Projekten zeitliche Verschiebungen oder Veränderungen ergeben. Schüßler-Plan ist ein Unternehmen, das uns gerade bei solchen unvorhersehbaren Faktoren auch in der Kapazitätsfrage immer bedienen kann.

Frau Zimmermann, wie stellt sich die Zusammenarbeit mit der bema Gruppe aus Sicht von Schüßler-Plan dar und wie sind Sie persönlich in die Projekte involviert?

CHRISTINA ZIMMERMANN – Als wir unsere Zusammenarbeit starteten, war Schüßler-Plan im Hochbau noch sehr auf die reine Tragwerksplanung fokussiert. Das ist natürlich auch heute noch eines unser Haupttätigkeitsfelder, aber wir haben unser Leistungsspektrum in den letzten Jahrzehnten über sämtliche Bau- und Projektphasen hinweg erweitert bzw. weiterentwickelt. Direkt zu Beginn eines Projekts können wir unser umfassendes geotechnisches Wissen einbringen. So führen wir Baugrunduntersuchungen durch, erstellen Abbruch- und Aushubkonzepte und kümmern uns um die Altlastensanierung. Auch bei allen Themen rund um die Verkehrsplanung oder um die Bauphysik, sprich Schall- und Wärmeschutz, sowie die Planung des konstruktiven Brandschutzes ist Schüßler-Plan ein zuverlässiger und kompetenter Partner. Unsere Beratungsleistung heute ist ganzheitlich und hat stets einen qualitativ hochwertigen Projektabschluss im Blick.
Das heißt, wir bei Schüßler-Plan sind immer tiefer in die Prozesse involviert und das reicht in der Regel vom Beginn des Kaufinteresses bis zu den letzten Arbeiten beim Projektabschluss. Zu unserem Anspruch gehört es, unseren Partnern während des gesamten Projektablaufs zur Seite zu stehen und auch für schwierige Probleme schnelle Lösungen zu finden – das verstehen wir bei Schüßler-Plan unter einer vertrauensvollen Zusammenarbeit. In der bema haben wir einen Partner gefunden, der diesen Weg gemeinsam mit uns geht und uns stets vertrauensvoll zur Seite steht.
Ich habe als geschäftsführende Gesellschafterin in erster Linie übergeordnete, strategische Verpflichtungen, das heißt, ich kümmere mich insbesondere auch um Angebots- und Vertragsangelegenheiten. So kenne ich alle bema-Projekte von Beginn an. Nach wie vor schätze ich aber die Projektarbeit sehr und bin weiterhin in einige der Projekte involviert. Mir persönlich ist dabei das Thema Nachhaltigkeit besonders wichtig. Das bedeutet, dass wir über Baustoffe mit einer guten CO2-Bilanz sprechen müssen, über wirtschaftliche, aber gleichzeitig flexible Tragstrukturen sowie über ökologisch und ökonomisch sinnvolle Gesamtkonzepte. Unsere Aufgabe ist es, den Bauherrn bei all diesen Themen umfassend zu beraten. Die Entscheidung darüber liegt letzten Endes aber beim Bauherrn.

Stichwort Nachhaltigkeit: Es war noch nie so wichtig wie heute, klima- und umweltverträglich zu planen und zu bauen. Was bedeutet Nachhaltigkeit für Sie als Projektentwickler, Herr Matthäs?

MARNO MATTHÄS – Nachhaltigkeit ist nicht ausschließlich mit Klima und Umwelt gleichzusetzen – auch wenn gerade diese Themen seit Fridays for Future mehr denn je im öffentlichen Bewusstsein und damit auch beim Kunden angekommen sind. Auch wenn Nachhaltigkeit als Begriff aufgebraucht ist, der Inhalt wird aktuell neu definiert. Und zum ersten Mal sprechen wir in diesen Tagen mit Tiefgang über das Thema Nachhaltigkeit. Wir befassen uns eingehend mit der Endlichkeit von Ressourcen und diskutieren zum Beispiel über Baustoffe, die nach dem Erstgebrauch wieder leicht voneinander zu lösen, sortenrein zu trennen und gegebenenfalls zu recyceln sind. Wir denken nach über Material-Passports für unsere Projekte und Gebäude bzw. beschäftigen uns intensiv mit Gütesiegeln und Zertifizierungen weit über die DGNB hinaus.
Seit etwa 18 Monaten prüfen wir gemeinsam mit Schüßler-Plan das Thema Holz-Hybrid-Bauweise. Wie kann man bei Projekten mit Holz-Hybrid-Konzepten arbeiten? Welche Tragwerkskonstruktionen und auch, welche Brandschutznachweise sind dafür erforderlich? Wie wirkt sich das auf das Wohn- und Arbeitsklima in Räumen aus? Wie gelingt es, durch natürliche Baumaterialien einen hohen Wohlfühlfaktor für den Menschen zu erzielen?

CHRISTINA ZIMMERMANN – Genau das ist beim Holzbau eine der zentralen Aufgabenstellungen. Wie stelle ich den Brandschutz nachhaltig sicher, wenn ich auf eine Brandschutzverkleidung verzichten möchte? Welche Besonderheiten gibt es im Schall- und Wärmeschutz? Wie nutze ich die Vorteile von Holz optimal aus? Eines unserer aktuellen Projekte – ein Hotelneubau – ist beispielsweise als modularer Holzbau geplant. Durch die Vorfertigung können große Vorteile in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit und die Verkürzung der Bauzeiten erreicht werden. Aber auch die Kombination von Baustoffen, wie die von Holz und Beton, ermöglicht uns vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Es ist faszinierend, wie leistungsfähig eine solche Hybridkonstruktion ist.

Herr Matthäs, was erwarten Sie von einem Partner wie Schüßler-Plan? Was ist Ihnen in der Zusammenarbeit wichtig?

MARNO MATTHÄS – Bei unseren Partnern ist uns vor allem eine vertrauensvolle Zusammenarbeit wichtig sowie Flexibilität, Kontinuität und eine unternehmerische Denkweise. Das setzt Weitsicht voraus. In komplexen Prozessen müssen wir Zusammenhänge schnell verstehen und entsprechend handeln. Das funktioniert nur in einem System, in dem sich die Projektbeteiligten auf Augenhöhe begegnen und sich wertschätzen, eine ähnliche Haltung zu Zukunftsthemen haben oder die Bereitschaft aufbringen, Dialoge zu führen. Nur das lässt unserer Erfahrung nach neue, kreative Lösungen entstehen.

Frau Zimmermann, Sie treten mit der bema als Partner auf und begleiten Projekte von Anfang an gemeinsam. Wer hat hier welche Aufgabe?

CHRISTINA ZIMMERMANN – Jeder hat natürlich seinen eigenen Kompetenzbereich. Wir begleiten die Projekte in den verschiedensten Disziplinen, ob als Spezialisten, die mit Einzelaufgaben betraut sind oder als umfassender Allrounder mit dem ganzheitlichen Blick auf das Projekt. Wir teilen unser Know-how über alle Projektphasen hinweg, diskutieren offen und erarbeiten gemeinsam im Dialog die optimale Lösung für das jeweilige Projekt. Kreativität und Flexibilität sind dafür notwendige Voraussetzungen.

MARNO MATTHÄS – Ich sehe es auch so. Die Antworten für die gestellten Aufgaben in unseren Projekten müssen im gemeinsamen Dialog entwickelt werden. Und da komme ich erneut zum Thema Haltung und zur Verantwortung für unsere Produkte: Für Schüßler-Plan und die bema Gruppe, wie auch für Frau Zimmermann und für mich, gilt das gleichermaßen. Wir verstehen unsere Zusammenarbeit als eine gemeinsam erbrachte Leistung.

Wie haben Sie es geschafft, dass zwischen Ihren Unternehmen über so viele Jahre ein hohes Vertrauen in der Zusammenarbeit entstehen konnte?

MARNO MATTHÄS – Die Zusammenarbeit mit Schüßler-Plan ist eine Partnerschaft, die von Vertrauen, Wertschätzung und ehrlichen Gesprächen geprägt ist – ein offener Dialog auf Augenhöhe. Unser Ziel ist es, Wissen auszutauschen, Expertisen zu bündeln und – gerade auch bei unterschiedlicher Meinung – gemeinsam die beste Lösung zu finden. Das gelingt sicherlich auch deshalb so gut, weil wir als inhabergeführte Unternehmen ähnliche Werte wie Mut, Qualität und Verantwortungsbewusstsein teilen und das offene Gespräch für zukunftweisende Projekte suchen. Wir wachsen an- und miteinander.

Christina Zimmermann – Das Schöne an der Zusammenarbeit mit der bema Gruppe ist das gemeinsame Verständnis für die Ziele und Aufgaben des Partners. Dies ist für beide Partner wichtig bei der Einschätzung und Bewertung von Projekten, um am Markt mit der erforderlichen Projektqualität erfolgreich agieren zu können. Der Erfolg unserer Zusammenarbeit wird bestimmt von den gemeinsamen Werten unserer Unternehmen und einem fruchtbaren Dialog im vertrauensvollen Verständnis miteinander. Dabei hat sich nicht nur die Vielfalt und die Komplexität der baulichen Themen und die Anzahl der Projekte bedeutend verändert, sondern auch die Größe der Projekte.

Wenn Sie sich beide für Ihre tägliche Praxis etwas wünschen könnten, was wären das für Themen?

MARNO MATTHÄS – Ich würde mir z. B. wünschen, dass kostengünstiger Wohnraum in Deutschland nicht an einer Überregulierung scheitert. Wir sollten uns darauf einstellen, dass es jetzt und nicht morgen an der Zeit ist, die verschiedenen Interessengruppen aus Politik, Wirtschaft und Bevölkerung für eine visionäre, ökologisch nachhaltige Stadtplanung zu öffnen. Dafür fordern wir neue Rahmenbedingungen, um zukunftsweisende Projekte umzusetzen. Unsere aktuellen Gespräche – vor allem auf kommunaler Ebene – stimmen uns optimistisch. Gleichzeitig zeigen sie aber auch, dass wir noch mehr visionäre und handlungsstarke Menschen an Schnittstellen brauchen, die neue Wege gehen, um der Nachfrage nach neuen Wohn- und Arbeitswelten jetzt gerecht zu werden – gerade auch im Hinblick auf die zunehmende Urbanisierung in den Städten.

CHRISTINA ZIMMERMANN – Der Blick auf die Niederlande und auf Österreich zeigt uns, was heute bereits zum Beispiel mit moderner Vorfertigung und nachhaltigen Hybridtechnologien umsetzbar ist. In Deutschland scheitern diese Themen oft an bürokratischen Vorgaben oder noch nicht angepassten Regelwerken. Ich wünsche mir mehr Mut und Weitsicht in der Planer- und Bauherrenschaft und mehr Freiheit im Baurecht: für Modulbauten, für Holzbauten, für innovative Konstruktionsweisen und für nachhaltiges Bauen. Gleichzeitig müssen wir die Digitalisierung der Bauwirtschaft noch stärker und zielgerichteter in den Fokus nehmen. BIM-basierte Planungen müssen nicht nur im Projekt effizient und zielgerecht umgesetzt werden. Auch die dafür notwendigen Anpassungen im Planungsprozess selbst, in den Normen und Regelwerken und nicht zuletzt in der Verteilung des Honorars müssen stärker in den Fokus genommen werden. Nur so können die positiven Effekte der Digitalisierung auch sichtbar werden.

Das Interview führte Burkhard Fröhlich am 04. März 2020 in Düsseldorf
Foto: Theodor Barth