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Magazin der Schüßler-Plan Gruppe

Ausgabe 19 | 2022 Under Construction

Kolumne | Andreas Wuttig

Tablet statt Notizblock

Dipl.-Ing. Andreas Wuttig,
Geschäftsleitung Schüßler-Plan Ingenieurgesellschaft Düsseldorf

Wir sind uns einig, die Digitalisierung in unserer Gesellschaft schreitet voran – nur zu langsam – manchmal fast lähmend. Auch wir sonst so innovativen Bauingenieur*innen scheinen wenig erfinderisch, wenn es um etwas anderes geht als neue Bauweisen oder spektakuläre Baugeräte. Sonst sind wir doch für höher, schneller, weiter zu haben. Unsere Baustellen sind faszinierende Orte des Schaffens, der Reiz, das Alte durch etwas Neues zu ersetzen, ist großartig. Uns fällt immer ein, wie man ohne Vollsperrung bauen kann oder mit kürzeren Bauzeiten Projekte realisiert. Nur bei der Digitalisierung der Baustellen schwebt eine Hemmung in der Luft. Vielleicht liegt es daran, dass wir lieber vorgehen wie immer, uns vermeintlich auf das Wesentliche konzentrieren? Oder stellen wir gar den Nutzen in Frage?

Wieso können Kinder intuitiv Daten mit ihrem Handy selektieren, ohne zu verstehen, was sie tun? Warum kennen wir uns vergleichsweise auf Baustellen wenig aus und verlieren den Überblick? „Wo ist das Material gelagert?“, „Welcher Plan zeigt das Leitdetail?“, „Wie ist der Rechnungsstand?“ sind weiterhin typische Fragen des Baustellenalltags. Inzwischen blicken wir bei Schüßler-Plan auf zehn Jahre aktive BIM-Entwicklung zurück. Für unsere Planer*innen ist das Entwickeln von 3D-Konstruktionen, 4D-Bauablaufsimulationen oder 5D-Kostenermittlungen Routine geworden. Auch wenn unsere Kund*innen und Partner*innen uns nicht explizit bitten, überzeugen wir durch den Einsatz in der BIM-Methodik. Oft können wir nicht mit allen Partner*innen und Fachplaner*innen unsere Modelle teilen. Häufig wird nicht ganzheitlich modelliert, sondern mit Insellösungen gearbeitet. Auch heute noch schwelgt im gemeinsamen Arbeiten eine vertragliche Unsicherheit.

Deshalb hat Schüßler-Plan jetzt durch die Gründung der Schüßler-Plan Digital GmbH die eigene Entwicklung in Sachen Digitalisierung gestärkt. Denn wir sehen für die nächsten Jahre bedeutenden Entwicklungs- und Schulungsbedarf.

Seit einiger Zeit stehen auch Baustellen mehr im Fokus. Neben den Erleichterungen in der Baustellenorganisation entwickeln wir ganzheitliche Baustellenmodelle und ein intuitives Datenmanagement. Beides miteinander verknüpft und leicht visualisierbar – baustellentauglich halt. So können zum Beispiel Veränderungen der des Baufortschritts durch Drohnen dokumentiert werden, nicht nur fotorealistisch oder im Video, sondern über auswertbare Punktwolken. Wir müssen künstlicher Intelligenz Raum geben und evaluieren, wann sich durch vollautomatisierte und KI-gestützte Formulare, Abgleiche oder Bewehrungsabnahmen eine Qualitätssteigerung und Ersparnis ergibt. Auch bei der Termin- und Kostenverfolgung sowie Überwachung der Herstellqualitäten werden wir noch vieles vereinfachen können. Alles mit dem Ziel, noch agiler und effizienter unserer eigentlichen Arbeit nachzukommen.

Eines wird sich aber nicht ändern: unser bau-nahes Selbstverständnis von der erfolgreichen Abwicklung der Baustellen. Ob Projektleiter*in oder Mineur*in, ob Baumanager*in oder Überwacher*in, auch zukünftig sehen wir den Menschen im Mittelpunkt der Projekte vor Ort. Wir sind stolz, dass unsere Baustellen durch herausragende Persönlichkeiten und Spezialist*innen begleitet werden. Und hoffen jedoch bald, die klassischen Werkzeuge wie Meterstab, Notizblock und Kamera durch Laser, Common Data Environment, Drohne und Tablet zu ersetzen.

Fotos / Titelfoto, Theodor Barth; Portrait, Schüßler-Plan