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Magazin der Schüßler-Plan Gruppe

Ausgabe 20 | 2023 Gemeinsam

Dialog l Umwelt- und Landschaftsplanung

Eine Frage des Ressourcenschutzes

Die Abteilung Umwelt- und Landschaftsplanung bei Schüßler-Plan arbeitet auch für mehr Klimaschutz. Diplom-Geograph und -Umweltwissenschaftler Helge Kramer berichtet von Fröschen, CO2-Fußabdrücken und der Verkehrswende. 

Helge Kramer leitet die Abteilung Umwelt- und Landschaftsplanung bei Schüßler-Plan am Standort Potsdam. Umweltbelange im Bereich der Infrastrukturplanung stehen dabei besonders im Fokus.
Herr Kramer, Sie leiten die Abteilung Umwelt- und Landschaftsplanung bei Schüßler-Plan. Was gehört zu Ihrem täglichen Aufgabenbereich?

Unsere ursprüngliche Kernkompetenz ist die angemessene und rechtssichere Berücksichtigung der Belange von Natur und Landschaft insbesondere in der Infrastrukturplanung. Wir sind da in allen Leistungsphasen aktiv – von Umweltgutachten zum Bundesverkehrswegeplan mit strategischer Ausrichtung bis hin zur örtlichen Umweltbaubegleitung, unter anderem dem sprichwörtlichen „Frösche über die Straße helfen“.

Stichwort „ursprüngliche Kernkompetenz“: Die Abteilung Umwelt- und Landschaftsplanung gibt es bei Schüßler-Plan seit fast 30 Jahren. Wie hat sich das Portfolio der Abteilung über die Jahre gewandelt?

Wir haben mit der klassischen Landschaftsplanung beim Verkehrswegebau begonnen. Im Laufe der Jahre gewannen immer mehr Umweltthemen wie der europäische Gebiets- und Artenschutz, die Wasserrahmenrichtlinie, das Klimaschutzgesetz an Bedeutung. Insoweit ist die Vielfalt unserer Tätigkeiten stetig gewachsen. So beraten wir zum Beispiel nunmehr auch die Bundesnetzagentur in Umweltfragen beim Aufbau der Energieinfrastruktur der Zukunft. In Zeiten des Klimawandels drängen darüber hinaus endlich auch Fragen der CO2-Bilanz und der Treibhausgasreduktion bei unseren Planungen in den Vordergrund.

Der Zusammenhang zwischen Umweltschutz und Landschaftsplanung ist relativ ersichtlich. Aber wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit den anderen Leistungsbereichen von Schüßler-Plan, wie dem Ingenieurbau, der Infrastrukturplanung oder auch dem Hochbau?

Ob Hochbau, Tunnel, Straße oder Brücke – die Planungen einer jeden Baumaßnahme führen in der Regel zu Eingriffen in Natur und Landschaft. Unsere Aufgabe ist es, umweltverträglichere Lösungen zu erarbeiten, Beeinträchtigungen zu vermeiden beziehungsweise zu vermindern und zum Beispiel Kompensationsmaßnahmen zu konzipieren. Genau in dieser Schnittstellenfunktion arbeiten wir auch mit den anderen Schüßler-Plan-Abteilungen und -Standorten zusammen. Und wir merken, dass das Thema Klimaschutz in den letzten Jahren auch in der Planung immer wichtiger geworden ist. Diese Synergien wollen wir weiter stärken.

Was war Ihr wichtigstes Projekt und warum?

Das wichtigste Projekt ist für mich immer das jeweils nächste Projekt, das die Verkehrswende wirklich voranbringt – nicht die überdimensionierten Planungen ohne Effekte auf dem Weg in eine Zukunft, die Ressourcen eigentlich schonen sollte. Aktuell sind wir zum Beispiel mit der Planung von Radschnellverbindungen zusammen mit unseren Kolleg*innen in Leipzig beschäftigt.

Große Ingenieurbauwerke werden ja oft im Konflikt mit Umweltbelangen gesehen. Wo sehen Sie die größten Herausforderungen? Was müsste sich ändern, um noch effizienter zu sein?

Effizienz kann in diesem Zusammenhang nur das gemeinsame Ringen um nachhaltige Lösungen heißen. Diese entstehen aber nur, wenn die Umweltplanung von der Projektidee bis in die Betriebsphase einbezogen wird. Der Verbrauch natürlicher Ressourcen muss dabei auch vollumfänglich in die Kosten-Nutzen-Erwägungen einbezogen werden. Insoweit sind in der heutigen Zeit nach meiner Auffassung nur ressourcenschonende Ansätze Ausweis guter Planungs- und Baukultur. Hinzu kommt, dass der Bausektor durch Errichten, Nutzung und Rückbau von Gebäuden ein bedeutender Treiber des Klimawandels ist. Das muss sich schleunigst ändern, wenn Deutschland seine Klimaziele erreichen will. Daher müssen wir den CO2-Fußabdruck der Baubranche nachhaltig reduzieren und dahingehend als Ingenieurdienstleister aktiv beraten, aber auch im eigenen Unternehmen überzeugende Wege zur Klimaneutralität beschreiten. Die Verantwortung des Ingenieurwesens geht hier somit ganzheitlich in Richtung Erhalt unserer Lebensgrundlagen.

Ist auch die Politik gefordert?

Die Politik muss zukunftsorientiert sein und dies muss auch ausnahmslos durchgesetzt werden. Mobilität ist zum Beispiel ein wesentlicher Bestandteil einer modernen Gesellschaft. Sie gilt es zu gewährleisten und nachhaltig zu sichern. Ohne ein Umsteuern der Politik ist dies nicht zu erreichen.

Brauchen wir zusätzlich zur Verantwortung auf der politischen Ebene auch mehr Beteiligungsprozesse? Welches Potenzial birgt eine partizipative Planung?

Wir müssen schneller planen. Eine Erhöhung der Planungsgeschwindigkeit und -sicherheit erreicht man auch durch einen von Beginn an breit angelegten Prozess mit allen Beteiligten. Die Planungswissenschaft hat längst belegt, dass breite, frühzeitige und vor allem sinnvolle Beteiligung die Qualität der Planung verbessert.

Sie sagten vorhin, dass die verschiedenen Disziplinen sich stärker verknüpfen und vermehrt zusammenarbeiten müssten. Kann in diesem Zusammenhang auch die Digitalisierung helfen, indem man zum Beispiel neue Anforderungen an Planungsabläufe stellt?

Die Transformation zum durchgängig digitalen Planen, Bauen, Erhalten und Betreiben ist mit der BIM-Methode eingeleitet. Schüßler-​Plan war hier im Übrigen durchaus Vorreiter und hat die Einführung und Anwendung von BIM frühzeitig als Unternehmensziel definiert und in in- und externen Arbeitsabläufen fest verankert. Durch unsere Projektarbeit sowie Forschungskooperation können wir die digitale Transformation in Theorie und Praxis immer weiterentwickeln. Ich verspreche mir hierbei eine Stärkung des Nachhaltigkeitsgedankens von der Projektidee bis in die Betriebsphase, über die wir vorhin sprachen. Wenn bereits in den frühen Leistungsphasen verstärkt Nachhaltigkeitsaspekte wie Analysen und Aussagen zur Ökobilanz und Umweltauswirkungen von Infrastrukturvorhaben einfließen, wird die Infrastruktur für eine moderne Mobilität langfristig einen grundlegenden Wandel erfahren. Gleiches gilt für den Hochbau.

Interview / Pia Langmann und Alina Lange
Fotos / Titelfoto, Dirk Laubner; Foto, Theodor Barth