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Magazin der Schüßler-Plan Gruppe

Ausgabe 23 | 2024 Mut

Dialog l Kö-Tower

Ein Turm für alle

Mit 18 Etagen, 71 Metern Höhe, 1.800 Quadratmetern Dachgärten und insgesamt 23.000 Quadratmetern Mietfläche soll mit dem Neubau des KöTower eine neue Landmarke an der Königsallee (Kö) in Düsseldorf entstehen. Wie gelingt es, in der eng bebauten Innenstadt Aufenthaltsqualität zu schaffen – auch im Vertikalen? Das besprechen wir mit Projektentwickler Klaus Franken, Architekt Lars Klatte und Christina Zimmermann von Schüßler-Plan, verantwortlich für die Tragwerksplanung.

Das Projekt KöTower befindet sich am südlichen Anfang der Kö, im Stadtbezirk Unterbilk. Während der nördliche Teil der Kö insbesondere durch das Erlebnis Shopping geprägt ist, befindet sich der KöTower in einem der am stärksten verdichteten Stadtteile Deutschlands.
Direkt zu Beginn unseres Gesprächs wird deutlich: Der Nutzer und das Miteinander stehen im Vordergrund. Klaus Franken, Geschäftsführer von Catella, Lars Klatte, Geschäftsführer von RKW Architektur + und Christina Zimmermann, Geschäftsführende Gesellschafterin von Schüßler-Plan, geht es darum, dass sich die Menschen, die künftig im KöTower arbeiten und leben, wohlfühlen und auch die Nachbarschaft davon profitiert.
Die Umgestaltung soll zu mehr Lebensqualität im Bezirk führen. „Heute blicken wir in einen Raum, dem man das Potential ansieht. Es ist eine städtebauliche Chance, den südlichen Anfang der Königsallee aufzuwerten“, so Lars Klatte. Dieses Vorhaben – so scheint es – gelingt auch aufgrund der vertrauensvollen und teils langjährigen Zusammenarbeit zwischen Auftraggeber, Architektur und Planung. Man kennt einander. „Wir lassen den Dialog zu – im Projektteam, im Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern und auch die Zusammenarbeit mit Verwaltung und Politik findet auf Augenhöhe statt. Die rheinische Lebensart ist hier sicherlich hilfreich“, betont Klaus Franken. 

Den Raum nutzen

Der KöTower ist ein Teil einer Innenstadtentwicklung mit mehreren Baumaßnahmen rund um die Kö, wozu ein mehrstufiges B-Plan-Verfahren stattgefunden hat. Dies ist von vielen Abhängigkeiten geprägt. Statt die Entwicklungen losgelöst voneinander zu betrachten, wurden sich deshalb in einer ersten Bürgerbeteiligungsveranstaltung für die Umgestaltung insgesamt Gedanken über die Bauvorhaben gemacht. Es ging nicht nur um das rein bauliche Volumen, sondern auch darum, wie mit den Außenbereichen und Grünflächen umgegangen wird, welche Angebote für die Öffentlichkeit geschaffen werden sollen. Den Wünschen und Bedürfnissen aus der Nachbarschaft wurde zugehört. „Bürgerinnen und Bürger müssen mitgenommen werden, um Akzeptanz zu schaffen. Die Stadt und auch wir als Bauherr hätten es sich nicht leisten können, das Bauvorhaben weniger breit anzugehen“, sagt Klaus Franken.

Eine zweite Veranstaltung zum KöTower selbst fand ebenfalls unter großer Beteiligung von Bezirks- und Lokalpolitiker*innen, Bürger*innen, Fachplaner*innen, Architekt*innen und dem Auftraggeber im Gebäude selbst statt. Es wurden drei mögliche Szenarien vorgestellt und erlebbar gemacht. „Wir Planer*innen müssen mitbekommen, was den Leuten wichtig ist, um dies zum Beispiel direkt in der Tragwerksplanung mit zu berücksichtigen“, so Christina Zimmermann. „Bezeichnend war auch, dass immer in der Sache diskutiert wurde. Es ging stets darum, wie man den Raum nutzt und nicht darum, ob man ihn überhaupt nutzt.“ Die positive Stimmung führte nicht zuletzt dazu, dass der Bebauungsplan mit einer großen Mehrheit im Stadtrat beschlossen wurde, was für einen innerstädtischen Bereich mit vielen Nachbarschaftsinteressen nicht selbstverständlich ist.

Projektdaten


Standort
Düsseldorf


Aufraggeber
KöTower 106 CW GmbH & Co. KG
(Joint Venture zwischen Catella und WPV)


Architektur
RKW Architektur +


Außenanlagenplanung
Studio grüngrau


Technische Daten
Grundstücksgröße 4.367 m²
GFZ 6,4
BGF gesamt ober- und unterirdisch 30.870 m²
16 Geschosse oberirdisch Büros
2 Geschosse oberirdisch Technik
2 Geschosse unterirdisch


Leistungen Schüßler-Plan
Tragwerksplanung
Geotechnischer Bericht,
Baugrubenplanung
(ICG Ingenieure GmbH)
Rückbauplanung (Reducta GmbH)
BIM-Management
(Schüßler-Plan Digital GmbH)

Licht und Grün 

Die Fassade an der Westseite springt deutlich zurück, wodurch ein großzügiger, öffentlicher Vorplatz entsteht, der zum Verweilen einlädt und die Nachbarschaft prägen soll. „Das bauliche Umfeld spielt eine wichtige Rolle. Durch die offene und einladende Gestaltung sowohl der Innenräume als auch der Außen- und Gastronomieflächen wird die Abgrenzung zwischen Innen und Außen aufgehoben“, betont Klaus Franken.
Das architektonische Konzept vereint Vorhandenes mit neu Geschaffenem. So sind zum Beispiel die begrünten Balkone jeder Etage in die städtebaulich wichtigen Richtungen ausgerichtet und eine öffentlich begehbare Aussichtsplattform im 17. Stock setzt ein außergewöhnliches, neues Highlight. Zum einen wurde darauf geachtet, dass möglichst viel natürliches Licht durch Licht- und Innenhöfe in das Gebäude
gelangt und zusammen mit der Begrünung ein attraktives Klima schafft. Zum anderen trägt die Begrünung gemeinsam mit Photovoltaik-Elementen auf geeigneten Fassadenflächen dazu bei, dass sich das neue Gebäude positiv auf die Nachbarschaft und das gesamte Stadtklima auswirkt. Insgesamt werden 200 verschiedene Pflanzenarten auf dem Kö-Tower beheimatet sein. „Das macht es besonders. Wir haben großen Wert auf Qualität und Biodiversität gelegt. Das bedingt aber auch höhere Bodenaufbauten, ist somit ingenieurstechnisch anspruchsvoller und auch ein wirtschaftlicher Faktor“, sagt Lars Klatte.

Maximale Flexibilität

Nicht nur die Begrünung erfordert ein innovatives Tragwerk. Das gesamte Gebäude ist im Sinne der jetzigen Nutzung durchdacht und muss sich gleichzeitig verändern können. Dafür benötigt es ein Tragwerk, dass die Nutzung und Nachhaltigkeit in den Vordergrund stellt. „Unsere Tragwerksplaner*innen standen von Beginn an in engem Austausch mit Architekt*innen, Landschaftsplaner*innen, der technischen Gebäudeausstattung (TGA) und weiteren Beteiligten, um so eine den Ansprüchen genügende und wirtschaftlich sinnvolle Tragstruktur durch beispielsweise die Reduzierung kostenintensiver Abfangungen zu schaffen“, so Christina Zimmermann. 
Zudem reduziert der Einbau von Hohlkörpern in der Deckenkonstruktion die CO2- Emissionen. Eine geradlinige Statik und so wenige Einschränkungen wie möglich sollen eine lange Nutzungsdauer bei maximaler Flexibilität ermöglichen. So bietet das Gebäude Mietflächen zwischen 250 und 3.000 Quadratmetern an.

Effiziente Planung mit BIM

Der Kö-Tower wird unter Einsatz der Building Information Modeling (BIM)-Methodik als integrativer und kollaborativer Ansatz geplant. Diese Planungsmethode erlaubt die digitale Modellierung aller relevanten Gebäudedaten und fördert so eine verbesserte Visualisierung und Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten. Durch die umfassende Abbildung des Bauwerks in einem digitalen Modell können potenzielle Probleme frühzeitig erkannt und analysiert werden, wodurch Verzögerungen und Kostenüberschreitungen gezielt vermieden werden können.
Die Schüßler-Plan Digital übernimmt im Rahmen dieses Projektes das BIM-Management und legt die wesentlichen Grundlagen für eine effiziente, modellbasierte Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligten.

Von Grund auf geplant

In enger Abstimmung mit der TGA-, Objekt- und Tragwerksplanung, um Kosten, Nutzen und Risiken abzuwägen, haben die ICG Ingenieure im Rahmen der Baugrunderkundungen und der Erstellung des geotechnischen Berichts für die Planung der Baugrube und des Spezialtiefbaus verschiedene Varianten der Untergeschosse geprüft. Auf Basis einer Grundwasserstatistik der letzten 35 Jahre wurde der Bauherr intensiv zum Überflutungsrisiko beraten. Zwei Untergeschosse wurden als optimale Lösung ermittelt, wodurch eine wasserdichte Baugrube und zusätzliche Grundwassersperrbauwerke vermieden wurden.
Um die wirtschaftlich beste Lage des Verbaus zu bestimmen, erfolgten umfangreiche Bestandsrecherchen und Erkundungsmaßnahmen. Die Bestandspläne wurden digitalisiert und durch Bohrungen und Aufmaße verifiziert. Um Lärm und Erschütterungen im innerstädtischen Umfeld zu minimieren, wurde die Verbautrasse so geplant, dass ein Überbohren des Bestands auf ein Minimum reduziert wurde.

Nachhaltigkeit

Durch eine bivalente Wärmeversorgung, kombiniert mit Photovoltaik und Geothermie wie thermisch aktivierte Gründungspfähle zur Erdwärmenutzung, entstehen ein geringer Bedarf an Primärenergie und niedrige Nebenkosten für die Mieterschaft. Mit dem Projekt wird die Einhaltung der ESG-Kriterien verbunden und eine DGNB Platin-Zertifizierung angestrebt.
Darüber hinaus wurden im Rahmen des Rückbaus diverse intakte Elemente wie Küchen, Lüftungstechnik oder Einrichtungsgegenstände behutsam ausgebaut und an soziale Einrichtungen verschenkt.

Smarter Rückbau

Auch bei der Rückbauplanung arbeiten die Umweltspezialist*innen der Reducta GmbH insbesondere bei der Rückbaustatik und dem Logistikkonzept eng mit Schüßler-Plan zusammen. Aufgrund der Innenstadtlage und der Gebäudehöhe von rund 70 Metern erfolgt der Rückbau konventionell und selektiv: Die Eck- und Randbebauung sowie das Sockelgebäude und die unteren zehn Stockwerke des Hochhauses werden mittels konventioneller Rückbautechnik zurückgebaut, während die oberen acht Etagen im Betonsägeverfahren und mittels Turmdrehkran abgetragen werden. Herausforderungen ergaben sich hier durch den zeitversetzten Mieterauszug und die sensible Umgebung mit hohen Anforderungen an den Emissionsschutz.
Schadstoffgutachten zeigten aufgrund früherer Renovierungen keine großen Schadstofffunde. Wie für das gesamte Objekt wird auch für den Rückbau durch die Reducta als Auditor eine DGNB-Platinzertifizierung angestrebt, wobei ein hoher Anteil an Materialien und Beton wiederverwendet und recycelt werden soll.

Text / Pia Langmann
Fotos / Theodor Barth und Catella Projektmanagement GmbH 
Visualisierungen / RKW Architektur +