Magazin der Schüßler-Plan Gruppe
Ausgabe 24 | 2025 Transformation
Projektdaten
Auftraggeber
Gemeinde Scharbeutz
Architektur
DKFS
Gesamtlänge
310 m
Brückenfläche
1820 m²
Leistungen Schüßler-Plan
Tragwerksplanung
Die Seebrücke Scharbeutz ist schon seit Langem zentraler Anziehungspunkt des Ostseebades an der Lübecker Bucht. Der nun fertiggestellte Ersatzneubau ist dabei bereits das vierte Bauwerk an dieser Stelle. Von 1909 bis 1940 sowie von 1956 bis in die 1970er-Jahre standen hier Seebrücken aus Holz. Im Jahr 1979 wurde dann eine Stahlbetonkonstruktion errichtet, die 2022 schädigungsbedingt abgerissen werden musste. Für die neue Seebrücke wird durch hohe Anforderungen an Baustoffe und konstruktive Durchbildung eine weitaus höhere Robustheit und damit Lebensdauer angestrebt.
Dialogprozess
Die Gemeinde Scharbeutz als Bauherr hatte 2018 einen Wettbewerb ausgeschrieben, den Schüßler-Plan in einer ARGE mit dem Büro DKFS gewinnen konnte. Mit den Architekten aus London wurden schon einige Wettbewerbe erfolgreich bestritten, beispielsweise zur Weichselbrücke in Warschau und zur Moldauhafenbrücke in Hamburg. Bereits in der Wettbewerbsphase wurde von der Gemeinde ein Kolloquium veranstaltet, um in einem Dialogprozess gemeinsam Randbedingungen und Zielstellungen zu präzisieren.
Vielfältige Nutzungsangebote
Seit dem 1. Mai 2025 kann man in Scharbeutz nun wieder weit auf die Ostsee hinausspazieren und den Ausblick über die Lübecker Bucht genießen. Von der Strandpromenade aus entdeckt man schon von Weitem die prägnante dreidimensionale Figur der Seebrücke. Erreicht man anschließend den Vorplatz, fällt die Strandtribüne mit ihren breiten Sitzstufen in den Blick, die den Auftakt zum Brückenbauwerk und einen sanften Übergang zum Sandstrand bildet. Vom Vorplatz aus betritt man den Brückensteg, der mit seiner Breite von 3,60 Metern Platz zum Flanieren und gelegentlichen Innehalten bietet. An zwei Stellen weitet sich der Überbau auf und Balkone mit integrierten Sitzmöbeln laden zum Sonnenbad ein. Nach etwa 250 Metern erreicht man die Plattform, die mit ihrer asymmetrischen Form, der terrassenförmigen Topografie und den unterschiedlichen Belägen eine abwechslungsreiche, bewegte Szenerie bildet. Die 245 Quadratmeter große Fläche bietet eine Vielzahl an Nutzungsmöglichkeiten: Konzerte, Yoga, Shanty-Abende, Vorlesungen und Filmvorführungen sollen dort stattfinden. An der Plattform befinden sich außerdem zwei Anlegestellen für Bäderschiffe sowie Liegeplätze für private Boote, die mittels einer um die Plattform herumgeführten Rampe erreichbar sind. Von dort aus sind sportliche Aktivitäten wie Stand-up-Paddeln, Segeln oder Tauchen möglich.
Die Konstruktion
Der Brückensteg besteht aus einer Einfeldträgerkette mit 17 Feldern, die eine Regellänge von 15 Metern aufweisen. Die Gründung wird in jeder Auflagerachse mit einem Stahlrohrrammpfahl realisiert, auf dem sich in Querrichtung ein biegesteif angeschlossenes Stahlbetonjoch befindet. An diesem Querjoch sind je Seite zwei Nischen ausgespart, die als Gabellagerung für die Längsträger dienen. Diese sind als einstegige Plattenbalken ausgebildet. Die Plattform als flächiges Bauteil ist im Unterschied dazu als Trägerrost konstruiert. Die trapezförmige Grundfläche wird dabei vom Brückenkopf her fächerförmig gegliedert. Auf vier Pfahlreihen liegen Längsträger mit Rechteckquerschnitt auf, die als eingespannte Durchlaufträger fungieren. Auf diese wurden in Querrichtung Stahlbeton-Nebenträger aufgelegt, die entsprechend der Abtreppung der Plattform eine abgewinkelte Form aufweisen.
Inszenierte Silhouette
Alle Betonfertigteile und die Strandstufen wurden in Sichtbetonqualität hergestellt und weiß eingefärbt. Die Edelstahlgeländer haben zwischen den Pfosten eine Netzfüllung, sodass sie in der Ansicht fast transparent erscheinen. Die Beleuchtung der Brücke trägt nicht nur zur Sicherheit bei, sondern setzt die prägnante Silhouette bei Dunkelheit dezent, aber effektvoll in Szene. Die in die Handläufe integrierten Leuchtmittel erzeugen einen indirekten, blendfreien, subtilen Lichtteppich. Hierdurch ist das Brückendeck für Passanten sicher und gut erkennbar und gleichzeitig bleibt der Ausblick auf den Sternenhimmel über der Ostsee ungestört. Die Gemeinde Scharbeutz hat somit nicht nur die alte Seebrücke ersetzt, sondern eine neue, vielfältig nutzbare Attraktion hinzugewonnen.