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Magazin der Schüßler-Plan Gruppe

Ausgabe 24 | 2025 Transformation

Technik und Innovation | Geoinformationsysteme

Raumbezug im Fokus

Geoinformationssysteme (GIS) gewinnen bei Planung, Bau und Betrieb von Bauvorhaben zunehmend an Bedeutung. Sie ermöglichen die Verwaltung und Analyse großräumiger Daten durch die Zusammenführung von geographischen, topographischen und fachlichen Informationen. Darüber hinaus finden sie Anwendung bei der Verwaltung und Bereitstellung amtlicher Fachdaten aus den Bereichen Vermessung, Kataster und Umwelt und bilden damit eine zentrale Grundlage für Planung, Genehmigung, Bau und Betrieb.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

In der Planung können wir bereits zahlreiche Anwendungsfälle in GIS erfolgreich umsetzen. Für einen umfassenderen Einsatz und gemeinschaftliche Nutzung der Informationen sollte zukünftig eine frühzeitige Verankerung der notwendigen Prozesse und Vorgaben im Projekt angestrebt werden.

Lars Böhme
Projektleiter Infrastruktur Straße Schüßler-Plan Leipzig

Durch Vorgaben wie die INSPIRE-Richtlinie der EU wurde durch eine offene Bereitstellung der Zugriff auf Geodaten über Verwaltungsgrenzen hinweg erleichtert. Damit wurde die Verfügbarkeit und Nutzbarkeit der Daten vereinfacht und die Anwendungsbreite erhöht. Geoinformationssysteme bieten gegenüber klassischen CAD-Systemen gewisse Vorteile, da sie die Transformation von Daten zwischen Koordinatensystemen und damit die Integration von Referenzsystemen unterschiedlicher Parteien ermöglichen. Dies ist insbesondere bei Projekten relevant, an denen verschiedene Organisationen und Bereiche mit unterschiedlichen Systemen und Ausgangsdaten beteiligt sind, wie beispielsweise Bahn, Kommune oder Straße. 
Darüber hinaus wird der Einsatz von GIS durch BIM begünstigt. BIM stellt als grundlegende Methode der Zusammenarbeit den strukturierten und definierten Austausch von Informationen und Modellen in Projekten in den Fokus. Hierdurch werden eine transparentere Zusammenarbeit erreicht und Möglichkeiten zur Automatisierung von Prozessen geschaffen. Getrieben durch den Wunsch der BIM-Methode nach einer einheitlichen Datenbasis und den Anspruch an die Integration, lassen sich mittlerweile Daten und Informationen aus GIS in BIM und aus BIM in GIS wesentlich einfacher und umfangreicher integrieren, wodurch neue Lösungsansätze in der Praxis geschaffen werden. 

GIS als zentrale Grundlage und Werkzeug in der Planung

Die Nutzung von Geoinformationen und damit verbundenen Systemen wird immer mehr zu einem integralen Bestandteil von Infrastrukturprojekten. GIS ermöglichendie zentrale Bereitstellung und Verwaltung von digitalen Basisdaten – unabhängig davon, ob diese als Datei oder als Webdienst vorliegen. Dadurch erhalten die Projektbeteiligteneinen einheitlichen Zugriff auf die relevanten Informationenund profitieren von einer gemeinsamen, konsistenten Datenbasis. 
Das Spektrum der verfügbaren Daten ist dabei vielfältig: Neben Luftbildern, topografischen Karten und Schutzgebieten bieten Vermessungsämter der Länder weitere Informationen wie Kataster, Stadtmodelle, Geländemodelle, Straßen- und Gewässernetze an.
Die Anwendungsmöglichkeiten der GIS-Systeme gehen mittlerweile über die reine Darstellung von räumlichen Daten hinaus. Während früher die Erstellung von Übersichtskarten und Lageplänen, beispielsweise für die Straßenplanungennach RE 2012, in GIS sehr aufwendig war, können heute die Prozesse zunehmend automatisiert und unter anderem Pläne regelkonform symbolisiert werden. Die Einsatzmöglichkeiten von GIS als ergänzendes Werkzeug für Planungsprozesse können in verschiedenen Anwendungsfällen wie Erreichbarkeitsanalysen, Unfallauswertungen, Projektsteckbriefen, Netzzuschnitten oder Variantenvergleichen erfolgen.
Die Umsetzung von Planungsleistungen in GIS stellt eine Möglichkeit der praktischen Anwendung von GIS dar. Darüber hinaus bietet eine Datenintegration zwischen BIM und GIS noch weitreichendere Möglichkeiten. 

BIM-GIS-Datenintegration

Das Ziel der BIM-GIS-Datenintegration ist die nahtlose Verknüpfung von Systemen der Bauwerksmodellierung und Koordination mit geographischen Informationssystemen. Dies ermöglicht eine Planung im großräumlichen Kontext sowie die Analyse und Verwaltung von Bau-und Fachdaten auf Stadtebene, indem Informationen über verschiedene Maßstabsebenen hinweg konsistent verfügbar sind. Um dies zu ermöglichen, ist eine Strategie zur Datenintegration erforderlich. Zentrale Elemente der Datenintegration sind üblicherweise die Definition von Extract-Transform-Load-Prozessen, die Festlegung eines Koordinatensystems und zugehöriger Referenzpunkte, die Transformation von Grundlagendaten, die Integration von Modellen und die Bereitstellung von Webviewern zur Visualisierung der Daten.
Auf Basis der im folgenden geschilderten Schritte wird die Integration und die wechselseitige Aktualisierung von BIM und GIS ermöglicht. Hierdurch können verschiedene Anwendungsfälle wie zum Beispiel Überflutungsberechnungen, modellbasierte Bürgerbeteiligungen, Variantenentscheide, großräumliche Visualisierungen, Machbarkeitsstudien sowie die räumliche Koordination von Großprojekten modellgestützt ermöglicht werden. Die Datenintegration sollte gemeinsam mit begleitenden Anwendungsfällen frühzeitig im Projekt erarbeitet werden, um die Projektanforderungen bestmöglich berücksichtigen zu können und bereits gleich zu Beginn eine solide Basis für einheitliche Datenstrukturen, Datenprozesse und begleitende Anwendungsfälle zu schaffen. 

Extract, Transform, Load (ETL):
BIM-Daten sind oft hochdetailliert und in proprietären Formaten gespeichert, während GIS-Daten auf großflächige Geoinformationen ausgerichtet sind. ETL-Prozesse ermöglichen eine standardisierte Extraktion relevanter Informationen, deren Transformation in kompatible Formate sowie die anschließende Speicherung in einem gemeinsamen Datenrepository. Diese wiederkehrenden Arbeitsschritte können mittels Spezialsoftware (zum Beispiel FME) anhand eines Workflows automatisiert werden. Die Schüßler-Plan Gruppe hat hierzu erfolgreich erste Pilotprojekte in den Ingenieurgesellschaften gemeinsam mit der Schüßler Plan Digital durchgeführt. Auf dieser Grundlage sollen zukünftig Datendienste entwickelt werden, welche eine unternehmensweite Nutzung von ETL-Prozessen für wiederkehrende Fragestellungen ermöglichen.
 
Koordinatensystem:
BIM-Modelle arbeiten oft in lokalen Koordinatensystemen, während GIS-Daten globale Referenzsysteme nutzen. Eine einheitliche Festlegung des Koordinatensystems ist essenziell, um eine präzise räumliche Verortung und Überlagerung beider Datensätze zu ermöglichen. Hierbei können Transformationsverfahren und Georeferenzierungsmechanismen helfen, um eine konsistente Integration der räumlichen Informationen zu gewährleisten.

Transformation:
Grundlagendaten müssen in geeignete Formate und das definierte Koordinatensystem überführt werden. Dazu gehören unter anderem die Umwandlung von CAD-basierten BIM-Daten in GIS sowie die Harmonisierung und der Abgleich von Attributinformationen. Die Standardisierung dieser Prozesse gewährleistet eine verlustfreie Übertragung zwischen den Systemen und erleichtert die Weiterverarbeitung.
Integration der Daten:
Für die Integration der Daten von GIS in BIM und BIM in GIS sind die Modellanforderungen in Bezug auf Geometrie und Semantik beidseitig zu definieren. Der Einsatz offener Standards wie IFC (Industry Foundation Classes) für BIM und OGC-Standards für GIS ist eine logische Konsequenz, um eine konsistente und strukturierte Integration aus beliebigen Systemen zu erreichen. Hierdurch kann eine Integration in die Modellierung wie auch die Koordinationsumgebung sichergestellt werden. Ein positiver Nebeneffekt der Integration der Daten ist die einfache Auswertung zu verschiedenen Aspekten, wie etwa der Flächenbilanzierung.
 
Webviewer:
Um die Informationen verschiedenen Nutzergruppen einfach zugänglich zu machen, bieten sich webbasierte Visualisierungslösungen an. Diese ermöglichen eine interaktive Darstellung und Analyse der integrierten Daten und bieten Funktionen wie Schichtsteuerung, Filtermöglichkeiten und 3D-Darstellungen. Dadurch lassen sich komplexe Zusammenhänge intuitiv erfassen und die Entscheidungsgrundlage verbessern. Die Websysteme sind hierbei vermehrt modular aufgebaut und bieten einfache Möglichkeiten zur Anpassung von Oberflächen, Auswerteroutinen und die Erstellung von Dashboards.

Text / Michael Falk Müller und Dirk Stiehler
Foto / Philipp Arnoldt Photography